Das Bild der „rauen See“ beschreibt nicht im Ansatz die hochdynamischen Bedingungen und Herausforderungen, mit denen die Corona-Pandemie Wirtschaft und Gesellschaft aktuell vor sich hertreibt. Noch eine schlechte Nachricht vorab: Viele Zukunftsforscher sehen darin nur die ersten Ausläufer einer von wachsender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Vieldeutigkeit geprägten Zukunft. Diese „VUCA-Welt“ aus miteinander korrespondierenden, globalen Megatrends wird künftig der neue Normalzustand. Ob mit oder ohne Impfstoff.
Doch während die Privatwirtschaft bereits fieberhaft Strategien und Modelle entwickelt, um ihr Geschäft in diese neue Welt zu retten, verläuft die mindestens ebenso dringend notwendige Transformation der Bildungslandschaft noch schleppend.
So konnten Eltern im Frühjahr 2020 hautnah erleben, wie das öffentliche Schulwesen mit voller Wucht in der neuen Gegenwart aufgeschlagen ist: Viele Versuche den Unterrichtsstoff auf digitalem Wege zu den Schülern zu bringen, scheiterten entweder an mangelnder Hardware, ungeeigneter Software, oder schlicht an der technischen Unbedarftheit des Lehrpersonals.
Dabei ist die proaktive Beschäftigung mit den sogenannten „digitalen Lehr-/Lernarrangements“ heute weder Freizeitprogramm für eine nachmittägliche Medien-AG, noch ein organisatorischer Selbstzweck. Vielmehr ist die regelmäßige Nutzung digitaler Kooperations- und Kommunikationsmittel genau das, was die allermeisten Menschen spätestens im Berufsleben erwartet.
Dass digitale Kompetenzen trotzdem in vielen Lehrplänen noch immer nicht adäquat abgebildet werden, ist dabei nicht allein einer Innovationsfeindlichkeit in den Verwaltungsbehörden geschuldet, sondern liegt auch daran, dass viele Lehrende ihren Bildungsauftrag auf digitalem Wege für nicht vollständig durchführbar halten: Während Selbst-, Methoden und vor allem Fachkompetenzen noch relativ problemlos durch ein Kabel zu passen scheinen, ist das Training von Sozialkompetenzen so gut wie nicht online möglich, so das weit verbreitete Vorurteil.
Diese Bedenken gehören im SRH Berufsbildungswerk Neckargemünd heute weitgehend der Vergangenheit an. Als spezialisierter Bildungsanbieter für junge Menschen mit Förderbedarf bietet das SRH Unternehmen seine Ausbildungsgänge bereits seit 20 Jahren auch via E-Learning an. Schon früh war man damit Pionier auf einem Gebiet, auf dem nun andere eilig nachrüsten.
„Mit einem optimal abgestimmten Ökosystem aus Materialien, Methoden und virtuellen Räumlichkeiten bieten wir unseren Auszubildenden ein Angebot, das alle Kompetenzbereiche gleichermaßen trainiert!“ beschreibt Geschäftsführer Sascha Lohwaßer das Programm.
Die „virtuellen Azubis“ besuchen digitale Klassenräume und erlernen so aus dem Homeoffice einen anerkannten IHK-Beruf. Je nach individuellem Lerntyp können sie dabei auf verschiedene Lernmaterialien in Form von Studienbriefen, Präsentationen, Audio- oder sogar Video-Tutorials zurückgreifen.
Neben dem Handling webbasierter Lernumgebungen trainieren sie im täglichen Fernzugriff auf Datenbanken und Cloud-Lösungen gleichzeitig Konzepte von Datensicherheit und -sicherung. Damit die Vielfalt an Informationen und Lernwegen nicht zu Überforderung führt, werden sie über den gesamten Prozess von eigens dafür qualifizierten Telecoaches angeleitet und beraten.
Die Ausbildungsprojekte selbst sind dabei gezielt so konzeptioniert, dass sie nicht nur einen engen Kontakt zu den Lehrenden, sondern auch eine ständige Interaktion in den Klassen und zwischen den Auszubildenden untereinander erfordern. Ein Konzept „offener“ Ausbildungsräume, in denen sich die Azubis austauschen und sogar Ausbilder und Lehrende anderer Fachbereiche zu Rate ziehen können, macht das virtuelle Berufsbildungswerk vergleichbar mit den Büros und Meetingräumen in einem physisch existierenden Unternehmen.
Damit im Alltag auch das Arbeitsklima nicht zu kurz kommt, legt das Lehrpersonal zudem einen besonderen Wert darauf, dass sich die Auszubildenden auch in den virtuellen Räumlichkeiten sozial und angemessen verhalten. Während verbale und nonverbale Signale dort noch lange nur eingeschränkt waren, ermöglichen moderne Videokonferenz-Tools heute eine persönliche und authentische Kommunikation. Zusammen mit den klar geregelten Arbeitszeiten entsteht damit ein vollständiges Ausbildungsgefühl.
Das Neckargemünder Konzept geht auf: Die Azubis aus ganz Deutschland verbringen mittlerweile sogar große Teile ihrer Freizeit in den virtuellen Räumen des VBBW. Die physische Distanz wird damit immer mehr zur Nebensache.